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Recht

2 Veroeffentlichungen von Dr. Franz Muesch

a)Zeitschrift "Arbeit-und Arbeitsrecht" 2022

"Kommentar zu den Berufskrankheiten(BK)-Todesfällen 

BK-Präventionsprobleme unseres „Dualen Arbeitsschutzsystems“ 

Während seiner Amtszeit als „Berufskrankheiten“-Bundesminister vermeidet es Hubertus Heil (BMAS/SPD) wie schon seine Vorgänger im Amt (Scholz/SPD, Jung/CDU, Dr. med. (!) v. d. Leyen/CDU und Nahles/SPD) auch diesmal wieder, dem Jahresbericht über „Die gesetzliche Unfallversicherung in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2020“ (BMAS 2022) einen kommentierenden Begleittext voranzustellen. Und das, obwohl er quasi als oberster Dienstherr für die BK-Prävention nach § 1 SGB VII verantwortlich zeichnet. ...."

Mehr unter https://safer-world.org/wp-content/uploads/2022/08/AuA0822-PP-Muesch-1.pdf

original: https://www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/fachmagazin/fachartikel/bk-praeventionsprobleme-unseres-dualen-arbeitsschutzsystems.html

und www.muesch-berufskrankheiten.de

b) Zeitschrift "Arbeit-und Arbeitsrecht" 2021

" Berufskrankheiten(BK)-Verfahren

Die „Herren“ des Berufskrankheiten(BK)-Verfahrens sind laut SGB VII die „Unfall“-Versicherungsträger, also die sog. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen – aber: „Die Unfallversicherung ist insofern eine Haftpflichtversicherung der Unternehmer“.

Das für dieses Haftungsprivileg der Unternehmer nach § 104 SGB VII zuständige BMAS darf nicht nur unwidersprochen wie oben weiterhin zitiert werden, man muss darüber hinaus eigentlich sogar auch noch angesichts des BK-Präventionsdesasters die Verfassungs-mäßigkeit dieses Sachverhalts infrage stellen!

......

Rück-/Ausblick

Die mediale Tabuisierung der Berufskrankheiten-Todesfälle (überwiegend durch Berufskrebs) als das Präventionsversagen Nr. 1 bei den arbeitsbedingten Erkrankungen wird alljährlich dadurch komplettiert, dass die zuständigen „Berufskrankheiten“-Bundesminister den aufwendigen Jahresberichten bisher keinerlei kommentierenden Begleittext vorangestellt haben. Solange auch die Gewerkschaften schweigen und mitspielen, wird sich nichts ändern! "

Mehr unter https://safer-world.org/wp-content/uploads/2021/12/AuA_2021_07_Wer-sind-die-_Herren-des-Verfahrens___36-39.pdf

oder unter https://www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/sites/default/files/public/data-fachartikel/AuA_2021_07_Wer-sind-die-_Herren-des-Verfahrens___36-39.pdfIn neuem Fenster öffnen 

und www.muesch-berufskrankheiten.de


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Herr Rechtsanwalt Hildebrand Mehrgardt ist am 4. 10. 2015 plötzlich verstorben. 

Herr Mehrgardt setzte sich für die Rechte von Menschen ein, die durch Chemikalien gesundheitlich geschädigt wurden. Er hat sie in Verfahren gegenüber Berufsgenossenschaften, großen Konzernen, Rentenkassen, Versicherungen etc. vertreten. Mit seiner Beharrlichkeit, seinem unermüdlichen Engagement, seinem großen Wissen, seinem Blick für Details und für politische und gesellschaftliche Hintergründe und Zusammenhänge, mit seinem Sinn für Gerechtigkeit, seinem Verhandlungsgeschick, seiner Empathie für die leidenden Mandanten konnte er für viele Mandanten zumindest eine finanzielle Verbesserung erreichen. Er hat für Chemikaliengeschädigte - trotz großer Widerstände - Grundsatzurteile erstritten hat (Wortlaut siehe weiter unten).

Wir hoffen, dass diese Urteile weiterwirken, dass mit ihnen das Bewusstsein für das gesundheitsgefährdende Potential mancher Chemikalien ernster genommen wird und das Wissen darüber seinen Niederschlag in Risikobeurteilungen und Gesetzen finden wird.


Urteile, bei denen ein Gericht berufliche Chemikalienbelastungen am Arbeitsplatz als Berufskrankheit anerkannte und ein Urteil zum Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS). (letzteres siehe ganz unten auf dieser Seite)

Januar 2013: Kanzlei RA H. Mehrgardt, 63913 Swisttal:

Urteil vom Sozialgericht Duisburg:

März 2013, von der Kanzlei RA H. Mehrgardt, 63913 Swisttal:

Betr.: Anerkennung einer Parkinsonerkrankung bei einem Landwirt als Berufskrankheit.

Es liegt ein vollständiges Urteil mit Tatbestand und den Entscheidungsgründen vor.  

Eine Abschrift des gesamten Urteils (umgewandelt in eine pdf-Datei) können Sie unter mehrgardt-parkinson.pdf downloaden.  


Juni 2013:

Posttraumatisches Belastungssyndrom (PTBS) – als Unfallfolge nach einem Verkehrsunfall rechtskräftig anerkannt:

OLG Nuernberg – 9 U 2424/06 -

mehrgardt-ptbs.pdf


Büro Rechtsanwalt Hildebrand Mehrgardt, D-53913 Swisttal:

Dezember 2011: Anerkennung von Unfallfolgen nach Tonerstaubbelastung

Urteil Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 14. 12. 2011 

Kopie von Original-Schreiben:  mehrgardt-toner.pdf


August 2011: Rechtskräftige Anerkennung einer Berufskrankheit nach Belastung mit organischen Lösungsmitteln nach der Listennummer 1317 (Encephalopathie und Polyneuropathie) 

Kopie von Original-Schreiben: http://safer-world.org/de/home/recht/

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Juni 2010: Parkinsonerkrankung bei Landwirten durch Pestizide Berufskrankheit erneut anerkannt

Mehr Infos unter: http://safer-world.org/de/home/recht/


Auszug: 

Entscheidungsgründe:

...

Diese Erkrankung ist durch die Arbeit des Versicherten als Landwirt ursächlich hervorgerufen worden. Als Landwirt hat er mit verschiedenen Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln gearbeitet. Unter anderem wurde mit Lindan gearbeitet.

Der Zusammenhang zwischen der Lindan-Belastung und dem Parkinsonsyndrom ist medizinisch-wissenschaftlich wahrscheinlich.

Es liegen neue wissenschaftliche Erkenntnisse vor, nach denen Landwirte besonderen Belastungen, wie in § 9 Abs. 1 SGB VII niedergelegt, ausgesetzt waren.

Bezüglich der vorgenannten Voraussetzungen folgt die Kammer in vollem Umfang der Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. ________ .

Er hat durch Auswertung der medizinischen Literatur und verschiedener wissenschaftlicher Studien die vorliegenden neueren medizinischen Erkenntnisse herausgearbeitet.

Darüber hinaus hat er den Sachzusammenhang zwischen Belastung und Parkinsonerkrankung des verstorbenen Versicherten auf den Einzelfall bezogen bejaht.

Die Kammer folgt der Einschätzung des Sachverständigen. Das Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend.

Prof. Dr._____ ist besonders geeignet, urn die Erkrankung des Versicherten einschätzen zu können. Er ist Facharzt für Innere Medizin. Er ist Facharzt für Arbeitsmedizin. Er ist außerdem Sozialmediziner und Umweltmediziner. Er arbeitet in einem Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin. Einer seiner Tätigkeitsschwerpunkte ist die Erforschung der Wirkung von Giften auf den menschlichen Körper. Er ist mit vergleichbaren Fällen selbst schon befasst gewesen.

Im Übrigen hat der Gutachter die vorhandene Literatur umfangreich ausgewertet.

Es handelt sich um einen unabhängigen Gutachter, denn der Ausgang des Verfahrens ist für ihn ohne Bedeutung.

Für die Richtigkeit des Gutachtens spricht auch, dass Dr. Betz in seiner Stellungnahme für das Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes NRW das Gutachten für schlüssig erachtet.

Die kritische Stellungnahme von Dr. Prager überzeugt nicht, denn diesem lagen die wissenschaftlichen Studien nicht selber zur Auswertung vor.

Weitere Erkenntnisse vom Medizinischen Beirat aus dem Arbeitsministerium ergeben sich nicht, denn dieser hat sich mit den hier zur Entscheidung anstehenden Fragen nicht befasst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 183 Sozialgerichtsgesetz.

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Eine Abschrift des gesamten Urteils (umgewandelt in doc- und pdf-Datei) können Sie unter mehrgardt-parkinson.pdf downloaden.

Namen wurden mit ______ unkenntlich gemacht.


Rechtskräftige Anerkennung einer Berufskrankheit nach Belastung mit organischen Lösungsmitteln nach der Listennummer 1317 (Encephalopathie und Polyneuropathie) 

Kopie (Original-Schreiben): mehrgardt_loesemittel.pdf

Technische Anmerkung: Falls diese pdf-Datei auf Ihrem Bildschirm schlecht lesbar ist, bekommen Sie durch eine  Vergrösserung der Datei eine gute Lesbarkeit.  (evt. über rechte Maustaste)

Auszug:

Rechtsstreit: 

./. Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

Zur Beendigung des Rechtsstreites bieten wir folgenden Vergleich an:

1. Wir erkennen eine Berufskrankheit nach  Nr. 1317 BHV an.

2. Es liegt sowohl eine Polyneuropathie als auch eine Enzephalopathie vor.

3. Beginn und Höhe der Leistungen werden durch Bescheid festgestellt.

4. Die aussergerichtlichen Kosten werden dem Grunde nach zu einem Drittel übernommen.

5. Der Rechtsstreit ist damit erledigt.


Juni 2010: Büro Rechtsanwälte Hildebrand Mehrgardt und Sabine Haber, D-53913 Swisttal

Parkinsonerkrankung bei Landwirten durch Pestizide Berufskrankheit erneut anerkannt

$ 9 Absatz 2 SGB VII - Juni 2010

Nach erstmaliger Anerkennung der Parkinsonerkrankung eines Landwirts als Berufskrankheit vor dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen: L 2 U 260/00) im Jahre 2003 wurde vor dem Sozialgericht Braunschweig im November 2009 (Aktenzeichen S 14 U 141/06) die Parkinsonerkrankung des klagenden Landwirts erneut anerkannt.

Und: Ende 2008 hatte bereits im Verwaltungsverfahren die zuständige landwirtschaftliche BG die Parkinsonerkrankung ihres versicherten Landwirts bestandskräftig anerkannt (Aktenzeichen: 04287562). Eine weitere bestandskräftige Anerkennung im Verwaltungsverfahren erfolgte im April dieses Jahres durch die landwirtschaftliche BG Niedersachsen-Bremen (Aktenzeichen: BGL 238538)

 In der Zwischenzeit hatte der Europäische Gerichtshof die Zulassung des unter besonderem Verdacht stehenden Pestizids Paraquat untersagt., Das Bundesinstitut für Risikobewertung hatte sich durch zahlreiche Studien veranlasst gesehen, unter Hinweis auf Paraquat auf das Risiko der Parkinson'schen Erkrankung durch Pestizide hinzuweisen. Offenbar stehen alle stark neurotoxischen Chemikalien, auch Nicht-Pestizide wie Quecksilber und Kohlenmonoxyd in Verdacht, Parkinson zu verursachen. Es ist zu erwarten, dass es auch insoweit zu Anerkennungen in Berufskrankheitenverfahren kommt.

BG-Bescheid 08. 04. 2010: BG-AZ_BGL_238538.pdf

BG-Bescheid 28. 10. 2009:  BG-AZ_154013_RGI-03505074.pdf

BG-Bescheid 17.12. 2008:  BG-AZ_04287562.pdf

BG-Bescheid 23. 08. 2004 Bg-Az_bk01_67953_4.pdf

Kommentar: Hildebrandt Mehrgardt

Parkinson'sche Erkrankung eines Landwirts durch Pestizide als Berufskrankheit anerkannt Mehrgardt1.pdf

Die Anerkennung von Berufskrankheiten ist bereits bei Erkrankungen durch einzelne, so genannte Listenstoffe wegen oft schwer nachzuweisender Exposition und Dauer der Exposition mit großen Schwierigkeiten für den Kläger verbunden, so dass nicht selten trotz erheblichen Verdachtes der Verursachung einer Berufskrankheit durch am Arbeitsplatz vorhandene Schadstoffe selbst beim Vorliegen oft typischer Erkrankungen dem beruflich Erkrankten die Anerkennung der Berufskrankheit versagt bleibt. Besondere Schwierigkeiten treten dann auf, wenn, wie leider in vielen Berufen, Belastungsszenarien vorliegen, die sich über einen sehr langen Zeitraum mit den unterschiedlichsten Wirk- und Schadstoffen darstellen. Neben Malern und Lackierern und ggf. Kfz-Mechanikern stoßen v. a. Landarbeiter, Landwirte, Gärtner und ähnliche Berufe auf sehr große Schwierigkeiten, ihre offenkundig im Berufsleben erworbene Erkrankung als Berufskrankheit mit der Folge einer Verletztenrente anerkannt zu bekommen. Selbst bei nachgewiesener Exposition gegenüber krebserzeugenden Chemikalien bedeutet eine eingetretene Tumorerkrankung nicht von vorneherein die Anerkennung einer Berufskrankheit. Noch seltener gelingt der Nachweis, wenn die eingetretene Erkrankung das periphere und insbesondere zentrale Nervensystem betrifft. Nach wie vor verursachen v. a. Pestizide, dabei insbesondere chlorierte Kohlenwasserstoffe, Carbamate, Phosphorsäureester, aber auch Pyrethroide und andere moderne biozide Wirkstoffe zu allererst Schäden am Nervensystem. Da Veränderungen des Nervensystems auch zahlreiche außerberufliche Ursachen haben können, führen die unüberwindbar erscheinenden Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Anerkennung von Berufskrankheiten meist dazu, dass derartige Verfahren nur selten durchgeführt werden - noch seltener wird die Anerkennung einer Berufskrankheit ausgesprochen.

Folge ist, dass in der Öffentlichkeit, aber auch unter den betroffenen Arbeitnehmern, der Eindruck entsteht, als seien die bestehenden Gefahren nur mit einem geringen Risiko verbunden, mit der weiteren Folge, dass kritische und gefährliche Arbeitsstoffe weiterhin bedenkenlos hergestellt, vertrieben und angewandt werden.  Ergebnis der nur geringen Zahl anerkannter Berufskrankheiten ist, dass die dringend gebotene Prävention auch von Seiten der Berufsgenossenschaften nur schleppend betrieben wird.

Deshalb ist die nunmehr in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht erfolgte Anerkennung einer Berufskrankheit im Zusammenhang mit der Anwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft von erheblicher Bedeutung. Der Kläger war als Landwirt über Jahrzehnte typischen Pestizidgemischen gegenüber exponiert und vor einigen Jahren an Parkinson erkrankt. Die zuständige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft wie auch das erstinstanzliche Gericht lehnten die Anerkennung einer Berufskrankheit trotz bekannter zahlreicher anders lautender Studien und eines sich aufdrängenden Kausalzusammenhanges mit der Begründung ab, die Parkinson'sche Erkrankung könne ebenso wie jede andere Erkrankung des zentralen Nervensystems auch durch außerberufliche Faktoren verursacht sein. Nachdem zwei qualifizierte Gutachter - ein Gutachter war vom Kläger selbst ausgesucht worden, der andere war vom Landessozialgericht bestellt worden - umfassend und widerspruchsfrei den erforderlichen Zusammenhang zwischen Exposition und beim Kläger eingetretener Erkrankung nachgewiesen hatten, sah sich die verklagte Berufsgenossenschaft gezwungen, die Berufskrankheit anzuerkennen.

Dieses Anerkenntnis ist gleichbedeutend mit einem obsiegenden Urteil. Bei der Parkinson' schen Erkrankung können verschiedene schädigende Vorgänge zu einem zunehmenden Zelluntergang des Zentralen Nervensystems führen. Erst wenn ein bestimmtes Ausmaß der Zelldegeneration erreicht ist, wird die Erkrankung manifest, d. h. der toxische Prozess, verursacht durch zahlreiche Pestizide, kann sich über viele Jahre hin erstrecken und verläuft in dieser Zeit stumm. Besonders gefährliche Wirkstoffe aus dem Bereich der Landwirtschaft sind stark neurotoxisch wirkende Chemikalien, zu denen neben 2,4 D v. a. Lindan gehört. Würden Berufskrankheiten im Zusammenhang mit dem Einsatz von Pestiziden entsprechend dem heutigen hervorragenden Wissensstand sachgerecht geprüft, führte dies nicht nur zur Anerkennung zahlreicher berufsbedingter Erkrankungen, sondern bedeutete für eine große Zahl ZNS-Verletzter zumindest einen geringen Ausgleich für die oft schwer erträglichen hirnorganischen Dauerschäden. Zudem würde die daraus abzuleitende Prävention weltweit viel unnötiges menschliches Leid ersparen. Auch der Verbraucherschutz wurde profitieren.


VERWALTUNGSGERICHT KASSEL Urteil im Namen des Volkes

Verwaltungsstreitverfahren des Herrn ..Verkündet am 12.10.2005  Mehrgardt_pcb.pdf