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Ionisierende Strahlenbelastung beim digitalen Röntgen in der Zahnmedizin 

Ingrid Scherrmann  

6.06.2022 

Eine Bekannte erzählte mir, daß ihr Zahnarzt zu ihr Folgendes sagte: 

„Wenn Sie von Frankfurt nach San Franzisko fliegen, haben Sie eine  2000 - fache höhere Strahlenbelastung als bei einer Panorama-aufnahme.“ 

Da mir diese Behauptung seltsam vorkam, begann ich zu recherchieren: 

1) Infos vom  Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)

Durchschnittliche Ionisierende Strahlung bei Flügen: 

„Effektive Dosis durch Höhenstrahlung bei einem Flug 

von Frankfurt nach San Franzisko: 45 - 110  Microsievert (µSv)“ 

Quelle:  https://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/luft-boden/flug/flug.html

Durchschnittliche Ionisierende Strahlung bei Roentgenaufnahmen: 

„ Typische effektive Dosis … Zahnaufnahme: 0,01 Millisievert (mSv)“ 

Quelle: Broschüre des BfS „Röntgen – Nutzen und Risiken“

https://www.bfs.de/SharedDocs/Downloads/BfS/DE/broschueren/ion/stko-roentgen.pdf?__blob=publicationFile&v=8

 

Dies bedeutet: Beim dentalen Roentgen ist die Mass-einheit Millisievert, bei den Langstreckenfluegen ist die Mass-einheit Microsievert. 

Umrechnung:        

1 Millisievert entspricht 1000 Microsievert  bzw. 1 mSv = 1000 µSv 

oder

1 Microsievert entspricht 0, 001 Millisievert  bzw. 1 µSv = 0,001 mSv  

Der Unterschied ist (wie bei Gramm und Kilogramm) der Faktor 1000. 

2) Artikel „Strahlung vermeiden, die nicht nötig ist“

Frederik Joetten, Interview von Thomas Jung vom Bundesamt für Strahlenschutz

Stuttgarter Zeitung, 10.02.2017 

„….Die Strahlenbelastung einer Panorama-aufnahme des gesamten Gebisses ist ungefähr genauso groß, zwischen 0,02 und 0,05 mSv. Die Dosis eines einzelnen Röntgenbildes, einer sogenannten lateralen Zahnaufnahme, liegt bei etwa 0,006 mSv. …. 

… Typische Strahlenbelastungen für Flugreisen sind zum Beispiel für einen Flug von Frankfurt nach New York etwa 0,06 Millisievert (mSv) …. Die Strahlenbelastung einer Panoramaaufnahme des gesamten Gebisses ist ungefähr genauso groß, zwischen 0,02 und 0,05 mSv“

Quelle: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-zum-strahlenschutz-strahlung-vermeiden-die-nicht-noetig-ist.defab69c-4385-4cda-9efc-a779c7c606fc.html

3) Vergleich der ionisierenden Strahlung von Dentalaufnahmen und Langstreckenflug Frankfurt-San Francisco nach den Angaben der Website des BfS:

a) Laterale Zahnaufnahme (ca. 6 µSv)  und Flug (ca. 45-100 µSv) : 

der Flug ist eine ca. 7-  bis 17- fach höhere Belastung als eine laterale Aufnahme

b) Panorama-aufnahme (ca. 20 bis 50 µSv)  und Flug (ca. 45-100 µSv): 

Der Flug ist dieselbe oder eine bis ca. 5-fache höhere  Belastung. 

Die Aussage des Zahnarztes ist falsch. 

4) Vom Nachrichtenportal für die Dentalbranche: https://www.zwp-online.info/de 

„….  Jedes Jahr eine Panoramaaufnahme machen ist keine akzeptable Praxis. Auch soll eine Panoramaaufnahme nicht vor einer visuellen Untersuchung stattfinden.“

Quelle: https://www.zwp-online.info/zwpnews/wirtschaft-und-recht/praxiseinrichtung/strahlenschutz-in-der-zahnarztpraxis

5) Alternative: Strahlungsfreie Diagnostik in der Dentalmedizin: Ultraschall statt Roentgen

„ … Die Ultraschalluntersuchung als bildgebende Methode in der Zahnmedizin wurde in den letzten Jahren aufgrund mehrerer Vorteile des diagnostischen Ultraschalls intensiv erforscht. Es ist eine nicht-invasive, kostengünstige, schmerzfreie Methode und verursacht im Gegensatz zum Röntgen keine schädliche ionisierende Strahlung. Der Ultraschall hat eine vielversprechende Zukunft als diagnostisches bildgebendes Instrument in allen Fachgebieten der Zahnmedizin, sowohl für die Hart- als auch für die Weichteilerkennung. Dennoch sind sich die meisten Zahnärzte der vollen Nutzung dieser Technologie noch nicht bewusst….“

Quelle: 

https://www.ukaachen.de/kliniken-institute/klinik-fuer-zahnaerztliche-prothetik-und-biomaterialien-zentrum-fuer-implantologie/forschung-lehre/forschung/forschungsgruppen/ultraschall-in-der-zahnmedizin/

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Kommentar Scherrmann

Auf Nachfrage sagte der Zahnarzt (siehe Einleitung),  daß er die Angabe von der „2000-fachen Belastung“ von dem Sachverständigen hat, der alle 5 Jahre sein Röntgengerät kontrolliert. Daß jemand, dessen Berufsfeld die Kontrolle von ionisierender Strahlung beinhaltet, solche Angaben macht, ist nicht verständlich und nicht hinnehmbar, auch weil die Zahnärzt*innen ihren Patient*innen diese falschen Angaben weitergeben.  

Daß mit dieser Falsch-Angabe mehr geröntgt wird, als unbedingt nötig, dürfte eine Folge sein. Über die Ursachen dieser Falschinformation läßt sich nur spekulieren. 

Ingrid Scherrmann

www.safer-world.org,

emailadresse: scherrmann@safer-world.org